
2. Türchen - Adventskalender der Suso-Gemeinden, Ulm
Perspektivwechsel
Advent heißt Warten
Nein, die Wahrheit ist
Dass der Advent nur laut und schrill ist
Ich glaube nicht
Dass ich in diesen Wochen zur Ruhe kommen kann
Dass ich den Weg nach innen finde
Dass ich mich ausrichten kann auf das, was kommt
Es ist doch so
Dass die Zeit rast
Ich weigere mich zu glauben
Dass etwas Größeres in meine Welt hineinscheint
Dass ich mit anderen Augen sehen kann
Es ist doch ganz klar
Dass Gott fehlt
Ich kann unmöglich glauben
Nichts wird sich verändern
Es wäre gelogen, würde ich sagen:
Gott kommt auf die Erde!
Und nun lese den Text von unten nach oben!
von Iris Macke
Liebe Schülerinnen, liebe Schüler!
Liebe Sorgende, Mit-Gehende und Verantwortliche!
Das Schuljahr geht in die letzte Runde.
Zunächst gelten meine Gedanken den Matura-KandidatInnen.
Ihr seid dabei, die Spur zu wechseln und mit dem Schulabschluss,
ganz aufzubrechen ins Erwachsenen-Leben.
Meine Gedanken und Gebete – und die der Schwestern - begleiten Euch.
Aber auch allen anderen wünsche ich – nach den Wochen der Quarantäne -
gute Begegnungen, frohes und interessiertes Lernen
und zufriedenstellende Prüfungen.
Mit großem Segen und in herzlicher Verbundenheit
Euer Martin OPraem
Die letzte Fußspur
Gedanken zum Himmelfahrtstag 2020
Ich erinnere mich, wie ich als Kind gern im Winter, wenn es geschneit hat,
in den Fußspuren gegangen bin, die Menschen beim Gehen im Schnee
hinterlassen hatten.
Manche Spur war einem direkt auf den Leib geschnitten,
andere kamen einem komisch vor,
wieder andere waren einfach zu groß und zu weit,
so dass man hüpfen musste.
Und wenn sich mehrere Fußspuren dann kreuzten und sich die Fußspur verlor,
dann musste man sich entscheiden, welche gehe ich jetzt weiter
und wie finde ich wieder meinen eigenen Schritt.
Auf dem Gipfel des Jerusalemer Ölberges steht eine kleine Moschee.
Früher war sie eine Kirche.
Die lokale Überlieferung will wissen:
Jesus ist an dieser Stelle in den Himmel aufgefahren.
Zum Beweis dafür wird den Besuchern der Moschee ein Stein gezeigt,
auf dem deutlich ein Fußabdruck zu erkennen ist -
angeblich die letzte Fußspur Jesu vor seiner Himmelfahrt.
Wir Aufgeklärten und Informierten mögen darüber schmunzeln -
und doch hat mich dieser angebliche letzte Fußabdruck Jesu
zum Nachdenken gebracht.
Der letzte Fußabdruck Jesu auf dem Ölberg stellt mir die Frage:
Was ist, wenn sich die Spur Jesu verliert, wenn sie gar plötzlich abbricht? –
Das ist die Frage, vor die uns das heutige Fest Christi Himmelfahrt stellt.
Und in dem kuriosen Fußabdruck am Jerusalemer Ölberg
ist diese Frage gleichsam zu Stein geworden.
Ich habe von einem Afrikaner gelesen,
dessen Vater von Beruf noch ein echter Waldläufer,
ein Jäger und Kurier zwischen Urwalddörfern war.
Er hat von seinem Vater gelernt, was man tun kann,
wenn sich Fußspuren plötzlich verlieren. Dieser meinte:
Entweder du kümmerst Dich nicht mehr weiter darum und gibst sie auf
oder du setzt die abgebrochene, unsichtbar gewordene Spur selber fort. –
Wie? –
Nun, du musst zuvor anhand der vorhandenen Spuren
das zu suchende Wesen eingehend studieren: also seine Gangart,
seine Größe, seine Wendigkeit und auch den an den Spuren abzulesenden Charakter des Lebewesens.
Und wenn dieses Bild in Dir so lebendig geworden ist,
dass Du wie ein Schauspieler selbst in die Rolle
des zu verfolgenden Wesens schlüpfen kannst,
dann gehst Du wieder zu der Stelle, wo seine Spuren aufgehört haben
und läufst den Weg einfach so weiter, wie ihn das gesuchte Wesen
wohl selbst gelaufen ist oder wäre.
„Mein Vater“, bekräftigte der Afrikaner nicht ohne Stolz,
„hat auf diese Weise noch immer gefunden, was er suchte,
und ist noch nie irre gegangen.“
Den Weg so weitergehen,
wie ihn das gesuchte Wesen wohl selbst gelaufen ist oder wäre!
- Könnte das nicht die Botschaft jenes letzten Fußabdrucks Jesu
auf dem Jerusalemer Ölberg für uns sein?
Als Christen Spurensucher zu werden.
Den Weg Jesu sozusagen in seinem Sinn fortzusetzen, oder anders gesagt:
Den eigenen Weg so zu gehen, wie ihn wohl Jesus selber gegangen wäre.
Eines ist dafür allerdings notwendig:
Ich muss mich mit seinen Ideen, seiner Lebensauffassung, seinen Träumen,
seiner Kritik auseinandersetzen.
(Das ist es wohl, was den heiligen Vater Vinzenz erkennen und sagen lässt:
Ich muss einfach meinen Nächsten lieben, denn Gottes Bild leuchtet ja in ihm auf.
und seine Mitstreiterin Mutter Louise hält fest:
Liebe Schwestern, wir müssen immer unser Vorbild vor Augen haben, nämlich das beispielhafte Leben Jesu Christi, das nachzuahmen wir nicht nur als Christen gerufen sind, sondern noch mehr, da wir von Gott berufen wurden, um ihm in der Person der Armen zu dienen.)
Wenn ich mich in Jesu Denken und Handeln einfühlen kann,
an seinen Lebensmaximen ausrichten kann, dann meine ich,
bin ich auch fähig, in meinem Leben und in unserer Zeit
seine abgebrochene Spur weiterzugehen und weiterzulegen.
Und dazu fordert uns dieser sogenannte letzte Fußabdruck Jesu auf dem Ölberg und seine letzten Worten im Matthäusevangelium auf, wo es heißt:
Geht! Setzt meine Spuren fort!
…was schaut ihr zum Himmel? (Apg 1,11)
-Den Himmel suchen heißt:
achtsam sein,
verantwortlich für die ganze Schöpfung.
Den Himmel im Herzen tragen.
-Den Himmel suchen heißt:
Aufhelfen und aufrichten,
wo Menschen gefallen sind.
Den Himmel auf ihr Gesicht zaubern.
-Den Himmel suchen heißt:
Sich von Christus anschauen lassen
Und mit seinem Blick Welt und Menschen,
zu betrachten und zu handeln.
Den Himmel in sich finden.
- Den Himmel suchen heißt:
Reich Gottes weiten
als ein offenes Land für alle.
Den Himmel auf die Erde bringen.
Fotos:
1. Mein Elternhaus in Konradsdorf, in dem ich auch getauft wurde
2. Meine Familie zu Ostern 2019
3. Stift Wilten - meine geistliche Heimat seit 1984
4. Ich selbst - bei der Predigt zum Gedenken an Otto Neururers Seligsprechung
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Ich bin als zweites Kind meiner Eltern als
Frank Walter Riederer geboren am 29. Dezember 1959 in Büdingen (Hessen)
notgetauft am 21. Januar 1960 in Konradsdorf...
ab da prächtig entwickelt...
Ungetrübte "Pipi-Langstrumpf-Kindheit" auf dem Bauernhof mit vielen Kindern und Rindviechern, Schweinen, Schafen, Pferden, Ponys, Gänsen, Hühnern, Hasen und auch allerhand Mäusen...
Gelungene Schulzeit.
Interessiert aber ab dem 12. Lebensjahr recht faul...
Gutes Mundwerk... mit 17 ging der Knopf auf und ich durfte vorzeitig maturieren.
Vom USA-Trip ins Priesterseminar
Vor über 40 Jahren hatte ich das Glück einen ganzen Sommer in den Vereinigten Staaten verbringen zu dürfen. Es war der Sommer vor meinem Matura-Jahr. Meine Taufpatin hatte mich eingeladen zusammen mit ihrer Familie eine Rundreise durch die Staaten zu machen.
Mit 17 Jahren war ich natürlich abenteuerlustig genug und sofort begeistert. Die Patin, Tante Lydia, war bereits in den 60er-Jahren nach Chicago ausgewandert. Nun durfte ich mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern von dort aus den großen Trip durch die Staaten antreten: Von Illinois in Richtung Süden, nach Arkansas, über die Südstaaten nach Texas und dann Richtung Norden nach Colorado, eine besondere Zeit mit dem Camper in den Rocky Mountains und dann über die Nordstaaten zurück nach Chicago.
Die Reise, die fast 6 Wochen dauerte, gehört bis heute zu den großartigsten Erlebnissen in meinem Leben und zu den entscheidendsten. Das wichtigste spielte sich innerhalb weniger Stunden zum Abschluss ab.
Der Rückflug nach Europa hatte über vier Stunden Verspätung. So blieb der Tante und mir kostbare Zeit zum Reden. Es war bereits dunkel und die Atmosphäre war wohl der bei den Nikodemus-Gesprächen Jesu ähnlich. Es ging um sehr Persönliches, um Lebensgeschichte, um Vergangenheit, um Zukunft und um Entscheidung.
Da saßen wir am Küchentisch der Goti und redeten, dachten, schwiegen und lachten. Meine Taufpatin, Schwester meiner Mutter, hatte mich in den Wochen meines Aufenthaltes aufmerksam beobachtet. Kurz vor der Abfahrt zum Flughafen empfahl sie mir: „Du musst unbedingt etwas mit Menschen machen! Ich hab gesehen, dass Du gut mit Menschen kannst. Du musst beruflich unbedingt etwas mit Menschen tun!"
Diese Empfehlung im Ohr begab ich mich auf den fast 8-stündigen Rückflug. Das Abschlussjahr begann im September. Es gab die Möglichkeit vorzeitig zu maturieren. Meine Überlegungen zum Studium waren von Politikwissenschaften, über Journalistik bis zu Psychologie gegangen.
Meinen Urwunsch „Lehrer" hatte man mir im Gymnasium wortreich ausgetrieben. Eine Lehrerschwemme machte den Beruf unattraktiv.
„Etwas mit Menschen" – seit Jahren war ich Ministranten-Gruppenleiter, in der Firm-Vorbereitung tätig, im Stadtjugendring engagiert und an Wochenenden im städtischen Jugendzentrum voll eingespannt. Die Katholische Jugend war meine Heimat, der Ortspfarrer eine Seele von Mensch.
Die Idee Priester zu werden war zwar hie und da von außen an mich heran getragen worden – aber mit 16 wollte ich alles andere als Pfarrer werden.
„Etwas mit Menschen" – in meinem Kopf ging alles durcheinander. Da war ich also. Mitten über dem Atlantik in einem Flugzeug durch die Nacht und überlegte: „Was wäre wenn…?"
Was wäre, wenn ich mich zur vorzeitigen Matura anmelde? Was wäre, wenn ich mir das doch überlegte und den Weg ins Priesterseminar suchte? Was wäre, wenn Gott mich als Priester brauchen könnte… Das Gespräch am Küchentisch, der Flug zurück waren entscheidende Stationen.
Ich habe mich zur Matura angemeldet und am 12. Dezember desselben Jahres meine letzte Prüfung abgelegt. Ende Dezember wurde ich 18. Am Dreikönigstag danach stellte ich mich dem Regens des Priesterseminars vor und trat im April dort ein.
Der Weg der damit begann war mindestens so abenteuerlich und bunt wie seinerzeit die Rundreise durch die USA. Ja – es gab und gibt auch Höhen und Tiefen auf diesem Weg.
Im Sommer 1984 bin ich in das Stift Wilten in Innsbruck eingetreten.
Ich erhielt mit dem Ordensgewand den neuen - zusätzlichen - Ordensnamen Martin.
Dass ich die Entscheidung getroffen habe in den Spuren Jesu zu gehen und schließlich auf die Fragen in der Weiheliturgie und die Anfragen in meinem Leben geantwortet habe: „Mit Gottes Hilfe bin ich bereit!", habe ich nie bereut.
Gott hat mir als Priester neben der Pfarrseelsorge sämtliche Berufswünsche erfüllt:
Als Lehrer habe ich an verschiedenen Schulen unterrichten dürfen, in der Zeitung durfte ich jahrelang eine eigene Kolumne schreiben, spontan und langfristig habe ich mich für Behinderte, Kranke und Flüchtlinge besonders engagiert und zwischendurch sogar noch ein Psychologie-Studium in England absolvieren können.
Eine - etwas mühsame und lästige - Erkrankung hat mich in einen ruhigeren Standby-Modus versetzt. So bin ich nun seit fast 5 Jahren im Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern hier in Zams. Was zunächst als eine einjährige Pause zur Genesung gedacht war, wurde zu einer neuen Lebenssituation. Es freut mich, dass ich zum Gymnasium einen guten Draht habe, Eure Gottesdienste mit Euch feiern und Euch in Gedanken und im Gebet begleiten darf.
Martin F. Riederer OPraem
Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern in Zams
Am letzten Wochenende wurden die Uhren umgestellt. Schlagartig macht die früh einsetzende Dunkelheit uns deutlich: Das Jahr neigt sich dem Ende zu. In diese dunkleren Wochen des Jahres fallen die Gedenktage für unsere Verstorbenen, die Erinnerung an Krieg und Leid, aber auch die Bilanztreffen der Vereine, Jahreshauptversammlungen, Zeiten für Rückschau und Besinnung.
An den Beginn der lichtarmen Tage stellt der Festkalender der Kirche das strahlende Fest Allerheiligen, und danach Lichtgestalten wie Martin, Elisabeth, Barbara, Nikolaus und Lucia.
In der dunkelsten Phase, wenn der Kreis der Sonne sich wendet, feiern Christen die Weih-Nacht, die Geburt des Retters, den Beginn des Sieges über den Tod, den Aufbruch ins Licht.
Traditionell sind die dunklen Monate Zeiten der Innerlichkeit.
Wir machen es uns gemütlich. Wir zünden Kerzen an. Unsere Lieder werden besinnlicher.
So wie die Natur zur Ruhe kommt, so soll der Mensch zu sich und zum Kraftschöpfen kommen.
Neuzeitliche Werbestrategen und Dünnbrettbohrer haben daraus besondere Eventzeiten gemacht.
Halloween – Frechheit als Programm.
Mit „Süßes oder Saures“ auf den Lippen, stehen am letzten Oktobertag Süßigkeiten fordernde Kinder aus der Nachbarschaft vor der Tür. Völlig blödsinnig verlangen die Dreikäsehoch eine süße Gage für eine lauthalse Nullnummer. Tolldreist eigentlich!
In meiner Kindheit hätte es dafür nur verständnislose Zurückweisung und ein „ab, nachhause“ gegeben.
Heute muss ein Tür-Öffnender, der keine passenden Schokoriegel für die außer Rand und Band geratenen heimischen Straßengeister parat hält, mit Rache rechnen. In einer Ratgebersendung des ORF wurde im Vorfeld des neuzeitlichen Abenteuer- und Plünderungstrips der Kinder extra darauf hingewiesen, dass ein ans Fenster geworfenes Ei keine Sachbeschädigung darstelle – also auch nicht angezeigt werden kann. Das – aus dem irisch-amerikanischen überkommene – kommerzialisierte Brauchtum trägt den Namen „Halloween“. Das heißt nichts anderes als „Heiliger Abend“.
Gemeint ist der Vorabend des Festes Allerheiligen, das eigentlich all den guten, glaubenden und in die Ewigkeit gerufenen Menschen gewidmet wäre.
Statt an die Menschen in ihrem Gut-Sein und an unser Verhältnis zu Tod und Leben zu denken, sausen nun also die Youngsters durch die Allerheiligennacht und rufen „Süßes oder Saures“.
Wehe, wenn der Nachbar der Forderung nicht nachkommt…
Das ist ein wahrer Quantensprung der kommerzialisierten Gesellschaft – und zwar rückwärts – in rücksichtsloses Fordern und trampeligen Egoismus: - Von Gut keine Spur.
Nein, nein – ich hab keine Probleme mit einer gruseligen Halloween-Party oder mit geisterhaften Kostümen und Gags, die einem das Blut in den Adern gefrieren und Gänsehaut aufkommen lassen...
Jedem nach seinem Geschmack!
Aber vergessen wir dabei die eigentlichen Wurzeln unserer Feiertage nicht!
Alternativen zum Halloween-Spleen
Vergesst Eure Verstorbenen nicht und schenkt ihnen einen Gedanken, einen Besuch am Friedhof,
vielleicht sogar ein Gebet oder einen stillen Dank in euren Herzen!
Das Gegengewicht zum dummdreisten „Süßes oder Saures“ -Spektakel ist mit der „Nacht der 1000 Lichter“ in vielen Kirchen des Landes durchaus gelungen.
Zumindest ist das eine Einladung zum Weiterdenken.
Nötig sind – mehr denn je - zündende Ideen, die begeistern und Menschen die Scheu vor dem scheinbar „langweilig“ Guten nehmen und die Freude am Aufbruch ins Licht spürbar machen.
Der festliche Höhepunkt des besonderen Schul-Projektes mit Schweden, das Climate-Aid-Konzertan unserer Schule – das war ein solches Leuchtfeuer des Guten.
So viel Arbeit, so viel Engagement, so viele gute Ideen, so viel Lebensfreude und so viel Applaus!
Nur weiter mit so viel Mut und viel Fantasie zu solch hellen Aufbrüchen.
Der Sinnlosigkeit des Konsumismus, der grassierenden Dummheit und den entwurzelten Traditionsbruchstücken gilt es keinen Boden, kein zu großes Terrain in unseren Herzen zu geben.
Sie mutieren nur zu seelischem und greifbarem Zusatz-Müll!
In diesem Sinne: Einen besinnlichen „Halloween“ (Heiligen Abend) und dann ein frohes und dankbares Allerheiligen-Fest!
Euer Martin